Mittwoch, 15. März 2006
Geschaeftsbrief
Die Kamera zoomt auf eine große, weiße Villa in einem Münchner Vorort...man sieht eine im feudalen Wohnzimmer sitzende Frau im so gar nicht dazu passenden Freizeit-Outfit.

(Die Frau greift zum Diktiergerät)
".„Feldafing, den so und so vielten, Datum und so weiter, Einschreiben an Herrn Peter Krause, Armenienstraße 21, 8 München 90, rückwärtiger Eingang. Betrifft Ihr Schreiben vom 23. zwoten 1986..."

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(Die Frau spricht zum Butler)"...noch a Tasse!"

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„..abgestempelt 25.02.1986, 16 Uhr,....
Sehr geehrter Herr Krause,...“


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(zum Butler) „ähhh, Gusti?!“
(aus dem Off) „Ja?“
„Hamma noch a Stückl Käsesahne?
„Ich schau mal!“
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(Sie greift wieder zum Diktiergerät)
„...ähhh, Sehr geehrter Herr Krause,
ähm, da ich mich aus persönlichen und beruflichen Gründen nicht immer in München aufhalte, beantworte ich heute Ihr Schreiben.
Ich bedanke mich für den Hinweis, dass Räume erst ab einer lichten Höhe von 2 Metern vermietet werden dürfen. Dieses Gesetz ist noch nicht lange in Kraft getreten. Ich war davon ausgegangen, dass die Vermietung von Räumen bereits ab einer lichten Höhe von 1,90 m erlaubt ist. Bei Vertragsabschluß waren Sie mit einem eigenen Eingang, mit dem Abstellplatz für das Ölfass, mit der Einrichtung der Räume, Teppichboden, einem goldenem Lichtschalter, Teppichboden umrandet mit teuren Eichenleisten hoch zufrieden. Ebenso mit dem ersten Raum, in dem Sie sich immer etwas warm machen können, da ein Gasherd da ist und einer Nirosta-spüle und neu verlegtem PVC-Boden. Sie können auch jederzeit die Türe zum Hof wegen der Belüftung so offen lassen, dass niemand herein kann, weil wir diese Türe mit einem extralangem Haken ausgestattet haben. Und der fast neu erstellte Ölofen gibt soviel Wärme ab, dass die ganzen Räume bestens temperiert sind. Noch dazu das schöne, lange, weiße Ofenrohr mit dem genau ausgerechneten Gefälle. Am Waschbecken und unter der Spüle befinden sich je ein Durchlauferhitzer. Dass Sie keine Dusche haben, wussten Sie. "Es macht" Ihnen "nichts, da genug Bäder in der Nähe sind", sagten Sie damals. Die Be- und Entlüftung im WC ist erstklassig. Sie wurde von der namhaften Firma Trosti eingebaut. Ich habe selbst 12 Jahre in einer Toilette mit Familie ohne Fenster verbracht.
Zur Qudratmeterzahl der Räume: Ich habe 29qm aufliegen. Beweisen SIE mir auf IHRE Kosten durch einen vereidigten Sachgutverständigen das Gegenteil. Wie Sie, sehr geehrter Herr Krause, die qm ausmessen, INTERESSIERT mich nicht. Sie sind laut Ihren Angaben Sozialpädagoge und NICHT Architekt. Sie sagten auch, das wichtigste sei für Sie sowieso, dass Ihre beiden kleinen Kinder laufend zu Ihnen kommen könnten, um Sie zu besuchen...."

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(Telefon klingelt) „ja? ....na, ich hab jetzt koa Zeit“ (sie legt auf)
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„....nach Ihren Angaben wollen Sie jetzt statt der 319 DEM plus 81 Mark Nebenkosten nur 159 Mark fünfzig plus Nebenkosten bezahlen. Also insgesamt 240 Mark fünfzig. Wie kommen Sie dazu, für April nur noch 221 Mark 14 zu überweisen?! Ich hatte zum Besichtigungszeitpunkt zwei sehr interessierte Wochenendheimfahrer, die diese Räume liebend gern wollten.

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(Der Butler Gusti tritt ein, will Kuchen und Kaffee auf den Tisch stellen)
(Sie herrscht ihn an) „Dern’s (=tun Sie) den Kaffee jetzt weg, ich vertrag ihn jetzt doch ned.“
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(Sie greift wieder zum Diktiergerät) „...Nein, ich gab sie Ihnen aus reiner Sympathie!
(Sie spult zurück, hört den letzten Satz nochmal an und korrigiert)
„...nein, ich gab sie Ihnen aus reiner christlichen Nächstenliebe heraus. Da ich nun mit Ihnen diese Erfahrung gemacht habe, gibt es für mich im harten Geschäftsleben diese Einstellung nicht mehr. Unter diesen Umständen ist folglich der Mietvertrag nichtig.
Mit dem Ausdruck vorzüglichster Hochachtung und und und

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(Das Telefon klingelt, erfreut reagiert sie nach kurzem Zögern) „....jaa? Naaaaaaa, neiiiiiin! Jacky, Du bist schon da?......(Sie schaut auf die Uhr).....Na, Du, des schaff’ ich nicht, ich bin grad mitten im Arbeiten.....Du, der Gusti soll Dich abholen...und wir sehen uns dann beim Leopoldo,....gä? Pfirti, bussi, ...tschau!
(Sie legt auf und ruft den Butler) „Gusti? Holn’s mal schnell den Herrn Wiemer vom Flughafen ab, gä, und dann gleich zum Leopoldo....“
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(Sie greift erneut zum Diktiergerät)..“Feldafing, den so und so vielten, Datum und so weiter, betrifft Einschreiben an Familie Walter Bäumel, Zeißigweg 14c, betrifft: Einspruch gegen die Mietanpassung vom 1.April 1986,
Sehr geehrter Herr Bäumel,
da ich aus beruflichen und persönlichen Gründen nicht immer in München.....“

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